Ausprobiert: Emerald Azzurra

Entspanntes Yacht-Feeling auf dem Mittelmeer, Jet-Set-Momente mit kühlen Drinks und coolen Sonnenbrillen – inmitten einem Haufen Fremder: Mit der Azzurra startet Emerald Cruises den Versuch, intimen Yacht-Urlaub mit dem Komfort geplanter Kreuzfahrten und dem Niveau der Emerald-Flussreisen zu verbinden. Mit an Bord: Ausgewählte Trade-Partner von Belgien bis Südafrika. Und natürlich das beste Luxusreise-Fachmagazins Deutschlands. Nie war es schöner, Versuchskaninchen zu spielen!

Ein Erlebnisbericht von LuxusInsider-Chefredakteurin Iris M. Köpke

Das Schiff

­Schick, schicker, Emerald Azzurra! Schon bei der Anfahrt zur Pier sind die bewundernden Ausrufe der internationalen Kreuzfahrt-Spezialisten, die an diesem Fam Trip teilnehmen, zu hören. Sie ist aber auch ein verdammt sexy Schiffchen: Unglaublich schnittig mit einem ungewöhnlichen, kerzengerade aufragenden Bug lässt die Emerald Azzurra so manche Oligarchen-Yacht (schn)öde aussehen. 64 Crew-Mitglieder kümmern sich um bis zu 100 Gäste. Mit ihren 110 Metern Länge, auf die sich gerade mal 50 Kabinen verteilen, fällt die Azzurra in die Kategorie "Superyacht". Was für'n Ding? Genau, das ist die tricky Seite der Medaille, aber dazu später mehr. Jetzt gehen wir erstmal an Bord und überschwemmen Instagram mit Fotos. Was für ein tolles Schiff!!!

Das Design

Außen hui – innen Fragezeichen. Das Interior Design der Emerald Azzurra zu beurteilen, wäre schlicht unfair, denn es ist noch gar nicht fertig. Wie fast alle Kreuzfahrt-Anbieter leidet auch Emerald Cruises unter Pandemie-bedingten Lieferverzögerungen. Entsprechend fehlen sämtliche "Finishing Touches": Keine Bilder, keine Blümchen, keine netten Deko-Hingucker. Auf den Kabinen fehlen Slipper und Beauty-Helferlein wie Q-Tips, Wattepads und Co. Der Zahnputzbecher ist, ebenso wie einige Möbel in den öffentlichen Bereichen, eine (gar nicht mal unattraktive) Übergangsvariante von IKEA. Während wir durchs Mittelmeer schippern, schippert das Inhaber-Ehepaar mit zwei Containern voller hübscher Sachen auf die Emerald Azzurra zu. Was bisher da ist, gefällt mir persönlich sehr gut: Edle Grau- und Silbertöne, glänzende Samt-Stoffe, viel Chrom und Spiegelflächen.

Das Konzept

Echter Unternehmergeist zeichnet sich dadurch aus, dass er etwas wagt. So auch Emerald Cruises: Mit der Marke soll nun zusätzlich zu den Flusskreuzfahrten auch ein Angebot auf den Weltmeeren geschaffen werden, das es in der Form noch nicht gibt. Top-moderne Hochsee-Kreuzfahrten mit persönlicher, intimer Yacht-Atmosphäre. Klingt super, ist aber eine Herausforderung – denn wo es keine Benchmark gibt, da kann man nirgendwo abgucken. Man muss also sehr genaue Vorstellungen davon haben, wie das neue Produkt am Ende aussehen soll, um die Crew entsprechend einzunorden.

Als es um die Positionierung des Schiffes geht, komme ich erstmals etwas in Schlingern – und das liegt nicht an der spiegelglatten Adria. Die mega-schicke Emerald Azzurra soll nämlich gar nicht im High-End-Bereich positioniert werden. Ach so?! Das ist nach dem beeindruckenden Einstand eine kleine Überraschung. Das Boutique-Schiff sei "mehr als Premium", aber eben kein Top-Luxus. Stimmt, Stand heute: Es gibt zum Beispiel weder Butler noch Room Service. Meine persönliche Meinung: Das dürfte schwierig werden. Jeder Gast, der ein so edles Schiff bucht, erwartet auch ein Fünf-Sterne-Innenleben.

Die Suiten

Ich bin in einer Balcony Suite untergebracht. Das moderne Mobiliar in den Farben Grau, Blau und Creme gefällt mir ausgesprochen gut – viel weiter weg kann man vom altbackenen Holz-Messing-Look traditioneller Yachten gar nicht sein. Klare Schnitte, hochwertige Materialien und Schranklösungen, die ich so clever noch nie auf den Weltmeeren gesehen habe. Auch beim Bad jauchze ich innerlich: Die Duschkabine ist größer als auf so manchem Ozeanriesen, Handtücher und Bademantel (und wie sich herausstellt, auch die Poolhandtücher) sind Schmuckstücke von Missoni, die Amenities sind von der Edel-Marke ESPA.

Zunächst grinse ich als Nicht-Kaffeetrinker über die entsetzten Mitreisenden, als sich herausstellt, dass es weder eine Kaffeemaschine in der Suite noch einen Room Service gibt. Dann stelle ich fest, dass die Mini-Bar, und damit meine heißgeliebte Cola Zero, nicht inkludiert ist. Seufz. Und: Dass die gefühlt recht kleine Suite tatsächlich rund 27 Quadratmeter groß sein soll, ist überraschend – insbesondere, wenn man sie gedanklich mit Mitbewerbern vergleicht. Mein Tipp für anspruchsvolle Gäste: Die Yacht Suite oder die Owner Suite mit ihren tollen Terrassen und stylischen Design-Duschen. Schnell buchen, von beiden gibt es lediglich zwei Stück!

Die Kulinarik

Frühstück und Lunch werden in La Cucina, dem einzigen Restaurant an Bord, in Buffet-Form serviert. Sowohl an Auswahl als auch an Qualität gibt's absolut nichts auszusetzen. Glutenfreie Speisen werden hübsch drapiert separat angeboten, auf zuvor angemeldete Unverträglichkeiten geht das Team unaufgefordert bei jeder Mahlzeit ein – und reicht liebevoll angerichtete Alternativen, auf die man als "Normalesser" fast neidisch werden könnte.

Abends bietet die Karte täglich wechselnde Speisen mit drei Optionen für jeden der fünf Gänge, zusätzlich gibt es eine Handvoll Klassiker, die immer bestellt werden können. Alles schmeckt hervorragend, allerdings sollte man keine fancy Sterneküche mit viel Chi-Chi erwarten. Alle Mahlzeiten sowie die Getränke dazu sind im Reisepreis inkludiert. Aber: Die Drinks in der Amici Lounge und an der Pool Bar werden extra berechnet.

Die Atmosphäre

Zugegeben, anfangs fällt es schwer mir vorzustellen, wie genau nun diese Yachting-Nummer funktionieren soll. Klar, bei einem Vollcharter wird das Schiff ganz sicher ein Hit, aber auf den regulären Kreuzfahrten? Schließlich sind wir keine Freundesgruppe, die heiß auf gemeinsame Erlebnisse ist. Hinzu kommt, dass zu den ersten Gästen naturgemäß viele Stammgäste von Emerald Cruises gehören. Sprich: Flusskreuzfahrtgäste, die nicht unbedingt zur jungen Hip Crowd zählen, wenn Sie verstehen. Entsprechend fühlen sich die ersten zwei Tage wie eine ganz normale Kreuzfahrt an, nur eben auf einem sehr kleinen Schiff. Doch die Einfahrt in die weltberühmte Boka Bay, die Bucht von Kotor, entpuppt sich als Game Changer.

Kaum tauchen links und rechts der Emerald Azzurra die hohen, namensgebenden Berge Montenegros mit ihren pittoresken Dörfern auf, begeben sich alle wie auf Stichwort an Deck. Manche Gäste stehen ganz vorn am Bug auf Deck 4, die Mehrheit aber loungt jetzt entspannt mit Sonnenbrille oben auf dem Sky Deck. Die Crew verteilt kostenlose Mimosas, Cruise Director Pablo (Foto) untermalt den Anblick mit wunderbarem Gitarrenspiel, plötzlich plauscht jeder mit jedem und die Handy-Kameras klicken um die Wette. Yep, das ist Yacht-Feeling!

Die Ausflüge

So hibbelig habe ich Cruise-Profis vor einem Landgang schon lange nicht mehr gesehen: Der erste Stopp auf der Tour liegt in Albanien – und da waren selbst die erfahrenen Kreuzfahrer noch nicht. Entsprechend wollen alle mit auf die geführte Tour zur Ruinenstadt Butrint (Foto). Praktisch: Wie alle Ausflüge der Label "Emerald Plus" und "Emerald Active" ist auch dieser im Reisepreis enthalten. Das kommt auch Spontan-Entscheidern entgegen: Man muss sich weder an- noch abmelden, wer mitgehen möchte, ist einfach zur Startzeit an der Rezeption. Alle möchten, auch wenn ich persönlich ein bisschen überrumpelt davon bin, dass man aus seiner Kabine ein kleines Gerät am Umhängeband samt Kopfhörer mitnehmen muss. Das riecht doch stark nach Massenveranstaltung…

Am Ende des Tages muss ich innerlich Abbitte leisten. Ja, die Gruppe ist luxus-untypisch groß, aber dank einer tiptop funktionierenden Technik und des weitläufigen Geländes sehe und höre ich alles problemlos. Guide Loretta erzählt die Geschichte der Ruinenstadt fesselnd und webt geschickt Anekdoten ihrer Kindheit in Albanien ein. Und Butrint ist überraschenderweise auch landschaftlich ein echter Hingucker!

Im Anschluss geht's noch zu einem nahen Ausflugslokal, wo ein albanischer Koch sein ganz persönliches Muschelrezept (mit Schafskäse!) vor aller Augen zaubert. Ein schönes, rundes Erlebnis, nur über den Weißwein zum Essen breiten wir lieber den Mantel des Schweigens. Ach ja: Wer möchte, kann bei Emerald gegen Aufpreis auch die tiefergehenden "Discovery"-Touren hinzubuchen oder einen Privat-Ausflug anfragen.

Im abendlichen Kotor wird's dann noch mal besonders: Exklusiv für die Azzurra-Gäste spielt ein landesweit bekanntes Gitarrenduo in einer hübschen kleinen Kirche (Foto). Mitgekommen sind rund 20 Neugierige, die nun 90 Minuten lang Gänsehaut-Momente erleben: Die Harmonie zwischen den beiden, ihre offensichtliche Begeisterung für Musik und das Setting bilden einen perfekten Dreiklang.

Das Spa

Eigentlich hatte ich gar nicht vor, das Spa der Superyacht auszuprobieren. Doch dann mehren sich die begeisterten Stimmen an Bord, und meine journalistische Neugier ist geweckt. Auch die Preispolitik ist fair: Für eine 60-minütige Massage zahle ich 155 US-Dollar ­– davon können sich so manche Kreuzfahrt-Anbieter herzlich gern inspirieren lassen! Aber ob es dafür das gleiche Qualitätsniveau gibt?

Das Umkleide-Räumchen ist, grob geschätzt, knapp zwei Quadratmeter groß und kann immer nur von einer Person genutzt werden. Es gibt vier Spinde, die man mit seiner Zimmerkarte verschließt, in denen liegen Slipper, die flauschigen Missoni-Bademäntel und Einmal-Slips bzw. Einmal-Bermudas für die Herren der Schöpfung bereit. Ich erwische Letztere (fragen Sie nicht) und rechne es Spa-Therapeut Aron hoch an, dass er keine Miene verzieht, sondern das viel zu große Ding gentlemenlike einfach ein bisschen aufrollt. Dann erlebe ich eine sensationell gute Massage, die fast schon an eine Behandlung beim Chiropraktiker erinnert – wie sich hinterher herausstellt, ist Aron nicht nur charmant, sondern auch Sporttherapeut. Mein Rücken freut sich heute noch!

Der Service

Kaum in meiner Suite angekommen muss ich unfreiwillig die Service-Qualität der Crew testen: Kleid und Bluse haben im Koffer unerwartet stark gelitten, das muss gebügelt werden. Und zwar optimalerweise vorm Dinner… Nun gibt es ja keinen Butler, aber die Dame bei den Guest Services hat ein offenes Ohr für mich, auch wenn sie mich zweimal ermahnt, dass es "Same Day Service" eigentlich nur gibt, wenn man seine Sachen bis 10 Uhr morgens abgibt. Lady, ich hab gerade erst eingecheckt, ich schwöre! Nach nicht einmal einer Stunde habe ich beides faltenfrei zurück ­– tausend Dank! Hätte ich übrigens gar nicht gebraucht: Einen Dress Code in dem Sinne gibt es nicht, beim Dinner sehe ich alles vom Sommerkleidchen bis zu Jeans und Hoodie.

Darüber hinaus setzt das Team der Emerald Azzurra mehr auf Herzlichkeit (top!) als auf Perfektion. Und so helfe ich einfach sanft beim Üben. Frage nach einem kühlen Weißwein, wenn er Zimmertemperatur hat. Nach einem sauberen Champagnerglas, wenn meins vor Wasserflecken nur so strotzt. Weise geduldig auf die Fingerabdrücke meines Vorgängers am Badeschrank hin. Und bin immer wieder positiv überrascht, wenn jemand meinen Namen kennt, dem ich noch nie zuvor begegnet bin. Übrigens: Jede Dame, die ich hinter einem Tresen antreffe (Rezeption, Spa-Empfang), macht ihre Sache sensationell gut!

Fazit

Zum Zeitpunkt des Fam Trips ist die Emerald Azzurra gerade mal seit ein paar Wochen mit Gästen unterwegs. Unter dem Gesichtspunkt schlägt sich das Team wirklich gut, fast täglich sieht und spürt man noch kleine Verbesserungen. Die (bislang vorhandene) Hardware ist super, nun kommt's auf die Details an. Die Positionierung sollte noch geschärft werden, dann wissen sowohl Crew als auch Gäste, was von ihnen erwartet wird bzw. was genau sie erwarten können. Und die Reiseverkäufer können eingehend beraten. Schön zu hören: Von denen, die mit an Bord waren, haben alle vollstes Vertrauen in Emerald Cruises, dass die fix und fertige Azzurra ein fantastisches Produkt wird.

Kontakt für Reise-Profis: Achim Weber, Head of Sales DACH, Middle East & Africa