Branchenblick
Neue Travel Sisterhood pusht Vertriebsthemen
Gandhi hat einmal gesagt: "Sei die Veränderung, die du in der Welt sehen willst". Es ist eine Sache, bei Kollegen ständig genervt über Probleme zu jammern, aber eine ganz andere, etwas dagegen zu tun. Eine internationale Gruppe stellt sich jetzt den Herausforderungen, die die Branche für Agenturinhaber mit sich bringt – es geht unter anderem um Branding, Wissensaustausch und die Jagd nach Provisionen.
von Jacques Ledbetter (recherchiert für LuxuryWise)
Alles begann in Rom. An einem bewölkten, kühlen Tag im Februar 2023 schlenderte etwa ein Dutzend der führenden Reisebüro-Inhaberinnen der Luxusreisebranche zu einer Veranstaltung im Rahmen des Private Luxury Forum. Nachdem sie sich über verschiedene Herausforderungen in der Branche unterhalten hatten, machte eine von ihnen – Nadine Brady von Limelight – den ersten Schritt und gründete eine WhatsApp-Gruppe für die Runde.
Während eine WhatsApp-Gruppe an sich ziemlich gewöhnlich ist, war das Konzept dieser Gruppe "von Anfang an feurig", sagt Rebecca Puttock, CEO von Wanderlux Experiential Travel mit Sitz in Großbritannien.
"Es fing an mit Fragen wie 'Kennst du jemanden in diesem Hotel?' oder 'Hat jemand dieses Hotel besucht?' Aber neben der Betreuung unserer Kunden und dem Knüpfen von Kontakten mit neuen Partnern aus der Branche wurde auch über Zahlungssysteme, bestimmte Hotels, Neueröffnungen, Produktwissen, Veranstaltungen, Fam-Trips und ähnliches geschimpft und gelobt – es wurde schnell zu einer eigenen Community", beschreibt sie die Entwicklung.
Die Grundidee war, einen sicheren Ort für den Informationsaustausch und die Unterstützung ihrer Unternehmen zu schaffen, die sich immer noch von der Pandemie erholen mussten. Im Laufe des darauffolgenden Jahres wuchs die Gruppe auf 60 Mitglieder an, da die Teilnehmer weitere, ähnlich gesinnte Kollegen einluden. Da wurde Brady und den anderen Führungskräften klar, dass sie da etwas ganz Besonderes geschaffen haben könnten.
Im Februar 2024 – genau ein Jahr nach der spontanen Gründung der Gruppe – kamen 25 Mitglieder zu ihrem allerersten offiziellen Treffen im Nobu in London zusammen. Und so entstand die Travel Sisterhood, ein hochspannendes Beispiel für einen wachsenden Trend in der Reisebranche: Nach Jahrzehnten der Fragmentierung organisieren sich die Reisebüros. Mehr denn je schließen sich Agenturen außerhalb der Konsortien zusammen – nicht nur, um Informationen auszutauschen oder sich zu unterstützen, sondern auch, um sich für andere einzusetzen und Missstände aufzudecken.
Bei diesem Treffen in London bildete die Sisterhood einen Inner Circle, erstellte einen Verhaltenskodex und beschloss, auf das Programm Slack umzusteigen, um auf den einzelnen Kanälen gezielt zu bestimmten Themen effizient arbeiten zu können. Hier teilen sie auch Daten, um positive und negative Muster in der Branche zu erkennen.
Die Gruppe hat auch einen Social-Media-Plan erstellt und ein Logo sowie die Anmeldeformulare für die Teilnahme entworfen. "Wir wollen auch unsere Website weiterentwickeln, um – neben vielen anderen Dingen – Webinare für unsere speziellen Nischen zu veranstalten und um Frauen in der Reisebranche zu fördern", sagt Puttock. Im vergangenen Mai hat die Travel Sisterhood ihre Existenz und ihre Haltung zu verschiedenen Themen in der Branche öffentlich gemacht.

Die Unternehmerin Rebecca Puttock glaubt an die Stärke von Zahlen und an das Eintreten für positive Veränderungen.
Während die ursprüngliche WhatsApp-Gruppe für Gründungsmitglieder auf 60 begrenzt ist, zählt die Sisterhood inzwischen mehr als 80 Mitglieder in Amerika, Europa, Indien, Australien und dem asiatisch-pazifischen Raum. "In dieser Gruppe gibt es einige echte Power Player", sagt Puttock. "Die Idee dahinter ist, dass – besonders für unabhängige Agenten – die Stärke in der Zahl liegt. Wir teilen unser Wissen und unsere Erfahrung, und es ist ein Geben und Nehmen. Es gibt ein Auswahlverfahren für die Aufnahme in die Gruppe, so dass jeder eine ähnliche Denkweise, Erfahrungsschatz, Background und einen guten Ruf hat, die zur Gruppe beitragen", sagt sie.
Die kollektive Kaufkraft der Sisterhood, so schätzt Puttock vorsichtig, liegt bei etwas über 100 Millionen Euro.
"Es gibt all diese Themen, mit denen ich mich seit Jahren alleine auseinandersetze und mit denen ich immerzu kämpfe, aber niemand hört mir zu, weil ich selbst keine große Kaufkraft habe. Aber als ich anfing, mich mit diesen anderen Inhaberinnen auszutauschen, fanden wir uns plötzlich alle in der gleichen Situation wieder. Und jetzt haben wir gemeinsam eine große Kaufkraft und eine vernehmbare Stimme."
Und das mit Nachdruck. "Wir haben als Travel Sisterhood kollektive Briefe an Hotels geschrieben, die keine Provisionen gezahlt haben – oder darüber mit uns gestritten haben – um die Hotels wissen zu lassen, dass ihr Verhalten inakzeptabel ist. Wir werden jetzt von mehr als 80 Agenturen unterstützt, um diesen Hotels zu sagen, dass sie ihre Reaktionen auf diese Situationen überdenken müssen. Und wenn sie keine vernünftige Lösung finden, könnten wir ihre Marke möglicherweise boykottieren", sagt Puttock.
Beim gemeinsamen Aushandeln von Konditionen gehe es eher darum, Ungleichgewichte in der Branche zu korrigieren, und das sei nur ein kleiner Aspekt der Mitgliedschaft, so Puttock. Ziel der Travel Sisterhood sei es vielmehr, eine Gemeinschaft aufzubauen, die einen sicheren Raum für persönliches und berufliches Wachstum bietet. Letzten Endes gehe es darum, stärkere Geschäftsbeziehungen zu fördern, die allen zum Erfolg verhelfen.
"Wir haben einen sehr konstruktiven Ansatz gewählt", sagt Puttock. "Die Idee ist, dass wir versuchen, die Branche aufzuklären und zu verbessern, indem wir Alternativen zu den derzeitigen Vorgehensweisen vorschlagen, denn schließlich hat das große Auswirkungen auf das Endergebnis. Letztendlich liegt die Entscheidung natürlich bei den Anbietern."
Diese Art von Lobbyarbeit kommt gerade zur rechten Zeit, da die Nachfrage nach Reiseberatern weltweit steigt. Zudem war der Sommer für alle Reisebüros besonders arbeitsreich, so dass der Schmerz über Verzögerungen bei Provisionszahlungen besonders akut ist. Gleichzeitig hat der Anstieg der Nachfrage den Reisebüros noch mehr Kaufkraft gegeben, um ihre Botschaft zu verbreiten.
"Ich denke, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Unternehmen und Praktiken, die Dritte mit einbeziehen, in Frage zu stellen, denn die Art und Weise, wie die Dinge derzeit geregelt sind, ist nicht richtig", sagt Puttock. "Das ist nicht in Ordnung – es geht um unseren Lebensunterhalt, unsere Hypotheken, unsere Familien, unser Leben. Wir arbeiten hart dafür. Und wie in jeder anderen Branche auch, sollten wir fair und pünktlich entlohnt werden. Der erste Schritt ist das Eingeständnis, dass es ein Problem gibt. Der zweite Schritt ist die Antwort auf die Frage 'Wie können wir besser zusammenarbeiten?'".
Die Daten und Trends, die die Sisterhood sammelt, können auch den Hotels zugutekommen. So werden zum Beispiel Hotels belohnt, die besonders gut in der Zahlungsabwicklung sind oder sich durch außergewöhnlichen Service, gutes Essen oder persönliche Betreuung auszeichnen.
"Das Luxusniveau [eines Kunden], der über ein Reisebüro kommt, ist in der Regel hochwertiger als andere Buchungen. In der Vergangenheit wollten die Hotels Quantität, aber jetzt sehen wir eine Verschiebung, bei der die Hotels anfangen, höherwertige, wiederkehrende Kunden zu schätzen", bemerkt Puttock. "Sie buchen höhere Suitenkategorien und längere Aufenthalte, geben mehr Geld im Haus aus... und plötzlich steigt der Wert des Hotels nicht nur, er vervielfacht sich. Wir kommen langsam an den Punkt, an dem eine kritische Masse von Leuten in der Branche das verstehen."
Puttock und die Travel Sisterhood nehmen tatsächlich kräftig Fahrt auf, denn sie veranstalten mittlerweile vierteljährlich Events und sind für den Rest dieses Jahres komplett ausgebucht. Für 2025 sind bereits viele Veranstaltungen geplant und können bereits gebucht werden. Möge die Reisebüro-Macht mit ihnen sein!
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