Die Premiere des Home of Luxury
Neues auszuprobieren ist richtig und wichtig – insbesondere in einer Branche, die sich so schnell verändert wie die unsere. Entsprechend groß waren Hoffnungen und Neugier auf die erste Ausgabe des Home of Luxury by ITB. Endlich wieder Luxusreise-Profis auf die weltgrößte Reisemesse zu holen – eine grandiose Idee! Wäre da nicht noch die Sache mit der praktischen Umsetzung. Ein ehrlicher Rückblick von LuxusInsider-Chefredakteurin Iris M. Köpke.
Was lange währt… kann trotzdem chaotisch werden. Im vierten Anlauf fand das Home of Luxury, das eigentlich schon für die ITB 2020 geplant war, endlich statt. Dass bei so einer Premiere nicht alles reibungslos läuft – geschenkt. Ein bisschen Sand im Getriebe war also zu erwarten. Wie man aber damit umgeht, wenn es eine ganze Sandkiste ist, zeigten Aussteller, Besucher und Nicht-Hereingelassene vom 7. bis zum 9. März im Marshall-Haus auf dem ITB-Gelände live und in Farbe. Schon im Vorfeld gab es Kritik, und die wurde immer lauter, je näher die Premiere des Home of Luxury rückte. Kritikpunkt 1: die Kommunikation. Die vielen offenen Fragen, die bei einem neuen Projekt naturgemäß sowohl bei Einkäufern als auch bei Ausstellern auftauchen, blieben größtenteils unbeantwortet. E-Mails an das ITB-Team wurden verspätet oder gar nicht beantwortet, eine telefonische Erreichbarkeit war praktisch nicht gegeben. Dennoch bissen sich diverse Anbieter durch: Pünktlich zur Show waren 20 der maximal 30 verfügbaren Aussteller-Tische gebucht.
Kritikpunkt 2: das Terminmanagement. Im Programm zum Home of Luxury waren sowohl Terminblöcke zum Open Networking vorgesehen als auch solche mit – wortwörtlich – "Pre-scheduled Appointments". Fürs Open Networking konnte man sich individuelle Termine arrangieren, auch mit Fachbesuchern, die nicht offiziell beim Home of Luxury akkreditiert waren. So weit, so logisch. Schräg nur, dass für die Pre-scheduled Appointments, die man sich laut ITB-Team bitte freihalten sollte, genau dasselbe galt. Hier sollte die Terminvergabe zwar über ein Online-Tool stattfinden, aber es lag in der Verantwortung des einzelnen Ausstellers, hier die fürs Home of Luxury zugelassenen Buyer per Klick anzufragen.
Vorsichtig formuliert: Das ist eher ungewöhnlich. Von sämtlichen anderen Messen mit Pre-scheduled Appointments kennt man es, dass man hier von einem Computersystem gematchte Termine bekommt – optimalerweise mit ausreichend Vorlauf, damit man sich zusätzlich mit jenen Partnern verabreden kann, die einem nicht zugeteilt wurden. Entsprechend groß war die Nervosität der Supplier, als sie zwei Werktage vor der Messe trotz mehrfachem Nachhakens noch keinen Terminplan erhalten hatten. Logisch: Dafür hätten sie ja auch im Vorfeld aktiv Buyer anfragen müssen.
Es wäre wahnsinnig hilfreich gewesen, das zu wissen. Dass ein so eklatant wichtiger Punkt durchs Kommunikationsraster fällt, darf eigentlich nicht passieren. Dass dann auch noch ganze elf Einkäufer von insgesamt neun Agenturen zur Verfügung stehen, ist auch nicht schön. Die selbstverständlich so kurz vor der Messe schon so gut wie ausgebucht sind. Oder, wie es eine Ausstellerin zusammenfasst: "Die Hälfte der kontaktierten Buyer hat auf mein Request gar nicht reagiert. Von der anderen Hälfte haben etwa 2/3 zugesagt, leider gab es unter denen aber eine 60 Prozent No-Show-Quote."
Umgekehrt waren echte Hochkaräter der Branche, die sich als Buyer fürs Home of Luxury beworben hatten, aus unerfindlichen Gründen nicht zugelassen worden. Dabei muss man schon seinen Hut vor allen ziehen, die das umfangreiche Bewerbungsformular ausgefüllt und abgeschickt haben: Für alle Absagen nach dem 4. Februar galt nämlich eine No-Show-Fee von 250 Euro. Hm. Ob das der beste Weg ist, als neues Eventformat Vertrauen bei den empfindsamen Luxusreise-Profis zu schaffen, sei dahingestellt. Aber den Zeitpunkt so zu wählen, dass noch gar keine Aussteller feststehen, und den Buyern damit jegliche Entscheidungsgrundlage zu entziehen, ob sich das Home of Luxury (und die Anreise nach Berlin, die Übernachtungspreise während der Messe, der Zeitaufwand mitten in der Buchungshochphase etc.) für sie lohnt, sollte zwingend hinterfragt werden.
Dennoch lautet unser Fazit: Alles in allem war es ein guter, richtiger und wichtiger Schritt. Mit einem wirklich toll gestalteten Marshall-Haus, den entzückendsten Service-Kräften, die man sich vorstellen kann, und einem Konzept, das einstimmig gelobt wurde.
Und natürlich mit Ausstellern, die genau das getan haben, wofür das Luxussegment bekannt ist: Ihr wertvolles Netzwerk so zu nutzen, dass sich die Investition trotz aller Stolpersteine gelohnt hat. Indem man kurz vor knapp doch noch wertvolle Termine arrangiert und den ein oder anderen Luxusreise-Profi "hereingeschmuggelt" hat. (Und an dieser Stelle würden wir wahnsinnig gern wissen, ob der strenge Türsteher vielleicht vom Berghain abgeworben wurde… ) Unsere Prognose: Die erste Ausgabe des Home of Luxury mag sich stellenweise wie eine Bruchlandung angefühlt haben. Aber das Baby lernt definitiv noch zu fliegen – und wir sorgen gern für Rückenwind.
Statements der Teilnehmer
Buyer

Dirk Gowin, Select Luxury Travel
"Das Setting und die Aufmerksamkeit des Services haben mir gut gefallen. Darüber hinaus ist aber noch viel Luft nach oben. Die ITB muss sich neu erfinden – aktuell ist sie meiner Ansicht nach die am schlechtesten organisierte Messe der Welt. Aber ich möchte dem Ganzen gern eine Chance geben: Was es so nämlich nur auf der ITB gibt, ist die Vielseitigkeit des Angebots. Als Anbieter von Experiential Luxury brauche ich alles – Hotels, DMCs und Concierge-Services. Ich finde es super, dass es jetzt einen eigenen Raum für Luxusprodukte gibt, aber die Kommunikation muss ebenso optimiert werden wie das Termin-Matching. Wir haben die Initiative ergriffen und viele Termine einfach selbst vereinbart. Wir nutzen dieses neue Zuhause gern als Basis für Meetings. Was mich aber sehr stört, ist das 'Closed Shop'-Konzept. Da wünsche ich mir eine offenere Atmosphäre. Und ich fände es gut, wenn sich die Messe hinterher mit uns zu einer Feedback-Runde zusammensetzt und bespricht, was man für alle Seiten noch optimieren kann. Denn alle hatten sich so gefreut, dass das Home of Luxury nun endlich stattfindet. Und dann kommt das so – das ist schon schade."
Supplier

Chris Bach, Quark Expeditions
"Das Ambiente im Home of Luxury ist wirklich schön, und das Ganze ist eine tolle Idee. Das Service-Personal war durchweg supersüß! Für Anbieter wie uns gibt es auf jeden Fall eine Notwendigkeit für solch einen Raum. Jetzt muss nur noch die Umsetzung funktionieren. Entweder, die ITB macht daraus ein richtiges Networking-Event und organisiert die Termine oder sie bietet einfach nur die Räumlichkeit an, in der man einen Aussteller-Tisch mieten kann, aber seine Termine selbst machen muss. Das wäre für mich auch kein Problem, aber dann müsste man den Preis anpassen. Und so schön die Exklusivität auch ist – man muss schon erreichbar sein. Die Einlasskontrolle ist wirklich sehr streng. So, wie es diesmal gelaufen ist, würde ich es nicht wieder machen. Und ich erwarte, dass die Messe uns fürs nächste Jahr sehr entgegenkommt."
Buyer

Jens Horbach, Derpart
"Ich finde es schön, dass das Home of Luxury ein bisschen abseits des Messetrubels liegt. Für meinen Geschmack ist die Räumlichkeit aber zu groß dafür, dass hier so wenig los ist. Man merkt an allen Ecken und Enden, dass es eine Premiere ist – das Ganze ist auf jeden Fall noch ausbaufähig, da muss jetzt ein Profi übernehmen. Ich würde mir auch mehr Aussteller wünschen. Wenn etwa die Kreuzfahrt-Anbieter noch kommen würde, wäre es schon nicht mehr so leer. Aus Sicht der Buyer wäre vielleicht ein kleines Rahmenprogramm noch ein schöner Anreiz für die Teilnahme, etwa ein toller Speaker aus dem Luxusumfeld. Für mich ist selbst ein Pre-Fam mit einem Berliner Hotelpartner denkbar – so etwas wäre ein echter Mehrwert."
Supplier

Geraldine Gomboshaw, Iberostar
"Ich finde, dass das Home of Luxury ein Mega-Potenzial hat. Das Marshall-Haus ist absolut der richtige Standort, Look & Feel der Einrichtung gefallen mir gut und es ist höchste Zeit, dass es so etwas gibt. Und ganz ehrlich: Als Unteraussteller an einem Destinationsstand zahlt man das Gleiche, bekommt aber gerade mal einen Tisch mit Stühlen – hier werde ich in schönem Ambiente vom Personal aus der Hotelfachschule Luzern umsorgt. Jeder Kunde, mit dem ich hier sitze, fühlt sich sofort abgeholt und spürt das Luxussegment – viel angenehmer als ein Platz in der trubeligen Halle 9! Super, dass die ITB so einen Anlaufpunkt schafft. Man muss aber auch ganz klar sagen: Das, was uns versprochen wurde, wurde in keinster Weise gehalten. Die Kommunikation war sehr schwierig, bis zum ersten Messetag hatte ich keinerlei Informationen und einen Terminplan gab es auch nicht. Für mich war die Messe trotz allem ein Erfolg, weil ich selbst aktiv geworden bin. Wenn sich die Organisation erheblich verbessert, bin ich nächstes Jahr wieder dabei – aber ich erwarte dann auch ganz klar einen Rabatt."
Buyer

Mario Koch, Butterfield & Robinson
"Leider muss ich ganz ehrlich sagen, dass es mich traurig macht, es hier so leer zu sehen. Mir tut es vor allem für die Supplier total leid, dass sie so gut wie keine Gesprächspartner haben – immerhin haben sie viel Geld für ihre Teilnahme gezahlt. Und nun spielt sich das Messeleben in den Hallen ab, aber nicht im Home of Luxury. Da ich im Vorfeld schon viel Negatives gehört hatte, waren meine Erwartungen nicht mehr hoch und leider hat sich das auch bestätigt. Die Idee finde ich dennoch gut, nur an der Umsetzung hapert es gewaltig."
Buyer

Christian Böll, Windrose Finest Travel
"Ich finde es richtig, dass das Luxussegment ein eigenes Zuhause bekommt. Allerdings waren die Bedingungen für eine Teilnahme als Buyer sehr undurchsichtig und für mich nicht wirklich nachvollziehbar. Meine Empfehlung: Keep it short and simple. Viele Messebesucher, mit denen ich gesprochen habe, wussten gar nicht, dass es das Home of Luxury überhaupt gibt – da müssen meiner Meinung nach noch viele Hausaufgaben gemacht werden. Vor allem brauchen wir zeitig ein Aussteller-Verzeichnis, damit wir unseren Messebesuch entsprechend planen können. Hinzu kommt, dass ein Anlaufpunkt wie dieser viel zugänglicher sein muss, keine abgeschottete Festung. Fazit: Die Idee ist absolut richtig, aber die Planung muss noch mal komplett von vorn durchdacht werden."
Buyer

Coralie Manscourt, Ocean Dusk
"Mir gefällt das optische Set-up des Home of Luxury sehr gut, es sieht einladend und gemütlich aus. Solch eine Messe in der Messe ist eine tolle Idee und hat mich sehr interessiert, denn ich war zuvor noch nie auf der ITB. Begeistert haben mich die Mitarbeiter hier vor Ort, die sehr freundlich und zuvorkommend waren. Was ich dagegen absolut nicht verstanden habe, ist das generelle Set-up des Events. Die Organisation war chaotisch und die Termin-Koordination sehr schwierig und unübersichtlich. Und ganz ehrlich: Ich habe deutlich mehr Teilnehmer erwartet."
Ausrichter

Deborah Rothe, ITB Berlin
"Das Konzept des Home of Luxury hat für uns nach wie vor eine Existenzberechtigung. Wir wollen dem Luxussegment einen eigenen Raum geben und sind auch der Meinung, dass diese Exklusivität das Richtige ist: Es geht ums gezielte Einladen, nicht um Laufkundschaft. Bei der Frage, wie wir die besten Buyer hier reinholen, haben wir sicherlich noch Nachholbedarf. Daher setzen wir uns mit dem Luxussegment auch weiterhin intensiv auseinander. Ich stehe hinter dem Konzept des Home of Luxury und will es auch weiter ausbauen. Wir haben jetzt einen ersten Aufschlag gemacht und werden uns nun auf das Thema Appointments konzentrieren."